Konkret
Konkret
… Singen ist mehr als das Vortragen von Liedern …
Bei vielen Kolleginnen und Kollegen herrscht die Meinung vor, dass Schüler nicht gerne mit der Stimme arbeiten und somit jedes stimmliche Üben die Restlust am Singen reduziere.
Der Lernbereich „Stimme“ wird somit lediglich auf Erlernen von Liedern bzw. Sprechstücken reduziert.
Dass Stimmbildungsübungen dennoch einen hohen Stellenwert im Musikunterricht haben können, zeigen zahlreiche Publikationen von Lehrern, deren Schüler „ein Lied davon singen können“.
Wichtig ist – wie immer – die Verpackung! Die angebotenen Übungen müssen Freude wecken, dürfen weder zu theoretisch noch zu langwierig sein, sollen aber dennoch transparent sein und müssen vor allem die Prämisse „Freude an der Stimme“ erfüllen.
Die Steigerung der Sprechstimmqualität, das Üben des Sprachgeschickes, die gute Artikulation und das Spiel und Variieren von und mit Stimme sind Nebeneffekte, die sich wiederum fächerübergreifend auswirken.
Ziel ist demnach, Stimmbildungsübungen zu konzipieren, welche die Schüler in ihrer Gesamtheit ansprechen und sich nicht nur auf den Stimmapparat sondern auch ganzheitlich positiv auf die Person auswirken.
Singen darf aber auf der anderen Seite nicht allein als perfekter Dressurakt verstanden werden, bei dem es darum geht, bestimmte Normen zu erfüllen:
… Singen ist ein eigenständiger, wertvoller Bestandteil des persönlichen Ausdrucks …
Integrationshelfer – Handpuppe
Grundsätzlich sollte jede Gelegenheit, sich gänzlich aus dem unterrichtlichen Geschehen zurückzuziehen, beim Schopfe gepackt werden.
Dort, wo der Lehrer – oft auch zwingend – dazu neigt, zuviel zu reden und somit die Kinder überfordert (neudeutsch: „zutextet“), bietet die Handpuppe einen Partner, welcher gewisse Aspekte im Unterrichtsgespräch übernehmen kann.
Die Lehrdarstellung wird somit von einem imaginären Gast übernommen und der Lehrer verschwindet – scheinbar – gänzlich aus der Szene.
Handpuppen mit gestaltbaren Gesichtszügen leben von ganz alleine; die Finger des Spielers bestimmen Mimik und Gestik, die Stimme beeinflusst maßgeblich den Charakter.
Eine solche Figur kann „vorsprechen“ bzw. „vorsingen“, sie kann „richtig“ oder „falsch“ atmen, sie kann die Haltung demonstrieren, Artikulations- und Resonanzübungen vormachen, nachahmen, singen, sprechen usw.
Wen auch immer man einlädt, ob den Frechdachs (der bewusst alles falsch macht) oder die schüchterne Lina (der man alles nochmals genau erklären kann) , ob den Besserwisser, den Dummkopf, irgendwelche Tiere oder sprechende Gegenstände – jeder Gast bestimmt maßgeblich die Unterrichtsstimmung und lädt dazu ein, Lehrstoff zum Erlebnis zu machen.
Ein solcher Partner kann gezielt durch Stimmbildungsübungen führen. Er kann vormachen, Fehler machen, etwas nicht wissen (und brauch die Schüler als Helfer) oder sich nochmals alles erklären lassen.
Wichtig ist allerdings, dass der Charakter „eindeutig“ ist. Eine Handpuppe, die heute alle Aspekte der Stimmbildung erklärt und sie morgen wieder vergessen hat, verliert ihren Reiz! Von daher: den Charakter unbedingt im Vorfeld festlegen und ihn konsequent (Kinder brauchen Wiederholung!) weiterführen – die Schüler freuen sich auf den erneuten Besuch!
Das Spiel mit der Handpuppe, sollte anfangs geübt werden:
Ein Hauptproblem stellt anfangs die Hand-Stimmen-Koordination dar. Achten Sie also unbedingt darauf, dass Sie den Mund nur dann bewegen, wenn Ihr Partner auch wirklich spricht!
Oder umgekehrt: Achten Sie darauf, dass Sie – wenn Ihr Partner spricht – Ihre Hand bewegen!
Hier ist (zumindest anfangs) Übung angesagt; aber lassen Sie sich nicht entmutigen, der Fortschritt ist sehr schnell erkennbar!
Weiterhin sollten Sie anfangs verschärft auf die Trennung zwischen Ihrer und der Stimme Ihres Partners achten.
Es ist normal, dass sich beide Stimmen zu Beginn überschneiden, überlappen oder alles kreuz und quer läuft. Diese Fehler zeigen Ihnen nur, dass Sie auf dem Weg sind, zu lernen! (In der Schule hat es sich gezeigt, dass es den Kindern gar nicht so arg auffällt, wenn man die Stimmen wechselt oder vergisst, die Hand an der richtigen Stelle zu bewegen; aber: wir wollen ja zumindest semi-professionell werden …)
Handpuppen sind mittlerweile recht einfach und vor allem günstig zu erwerben; allerdings sollten sie einen Aspekt erfüllen: Der Mund muss spielbar sein!
Gerade in der Arbeit mit Sprache und Stimme ist es nahezu unabdingbar, dass die Figur ihren Mund deutlich (!) bewegen kann.
Beim Kauf einer neuen Puppe muss man zunächst ausprobieren, was die sie alles kann, wie sie spricht, agiert und ob man überhaupt mit dieser Puppe kann. Schämen Sie Sich nicht vor dem Verkäufer, der ist so etwas gewohnt. Und – wenn er wirklich professionell ist – wird er mit Ihnen zusammen spielen und zeigen, was er so kann (was meistens sehr erstaunlich ist, aber, er ist ja Händler und will verkaufen).
Nur für die Hand des Lehrers?
In sehr kurzer Zeit wird sich die Spielfreude mit Sicherheit auf die Kinder übertragen. Sie freuen sich über den „Gast“ und werden mit ihm arbeiten wollen.
Hier hat sich ein „Tandem-Verfahren“ bewährt, indem sowohl die Puppe des Lehrers als auch die der Schüler helfend agieren.
Wie auf der Abbildung zu erkennen ist, lässt sich bereits mit einfachsten Mitteln eine (wirklich lebendige) Handpuppe herstellen.
Statt der eingeklemmten Brille, lassen sich auch Styroporkugeln mit aufgemalten Pupillen mithilfe von Klettklebeband anbringen.
Der Daumen bildet den Unter-, die übrigen Finger den Oberkiefer der Spielfigur, welche durch einen Gummiring voneinander getrennt werden. Ein weiterer Gummiring bildet den Hals.
Solche Figuren gewinnen an Faszination, wenn man sie vor den Augen der Kinder entstehen lässt..
Auf diese Art und Weise kann jeder Schüler seinen eigenen „Gesangsschüler“ bauen, dem er erklärt bzw. mit dessen Hilfe er seinen Mitschüler weitergibt.
Für die Schildkröte benutzt man eine Socke und einen Gummiring, auf welchem zwei bemalte Tisch-tennisbälle angebracht sind. Die Hand wird mit der Socke durch ein Loch am Hut geführt. Fertig ist die Schildkröte – aber Vorsicht! Sie ist seeehr langsam!
Sie eignet sich hervorragend, um alles noch mal „gaaanz genau“ zu erklären, kann bei Übungen der Halsgymnastik behilflich sein und steht generell für konzentriertes, entspanntes Arbeiten.
Die nächste Zeichnung erklärt sich fast von selbst: Der Kopf wird wie bei der Schildkröte gebaut; wir erlauben uns allerdings einen Kunstgriff am Zwickel; somit wird die Schlange wesentlich länger.
Das Ganze lässt sich noch mit Zauber- oder Füllwatte stopfen, so dass die Schlange fülliger wird.
Achtung! Schlangen sollten zischeln und lispeln und eignen sich hervorragend, um stimmhaftes und stimmloses „S“ zu trainieren!
Weiterhin kann man am Gummiring, welcher die Augen hält, eine Zunge anbringen.
Eine Schlange, die eine Geschichte zu erzählen hat, die atmen, intonieren, singen und deutlich sprechen lässt, leistet wesentlich bessere Stimmbildungsarbeit als der beste Gesangspädagoge!
(Abbildungen aus „James Hodges: Bauchreden“; the magic hands Edition 1990)