Artikulation
Artikulation
Unter Artikulation versteht man die Bildung einzelner Laute und Lautkombinationen. Ohne exakte Lautbildung ist letztlich kein guter Gesang möglich, da der Zuhörer ja verstehen soll.
Hierzu zählt das deutliche und klare Bilden von Vokalen, Konsonantenverbindungen, Endsilben und Endbuchstaben.
Um Stimmbildung gezielt durchzuführen, ist es sinnvoll, die Schüler anfangs alle Möglichkeiten der Artikulation wieder „entdecken“ zu lassen (es „geschieht“ meist alles und ist ganz „natürlich“…) um sie hierdurch für das „Bilden von Sprache“ verschärft zu sensibilisieren:
Die Zunge
Sie ist das wichtigste Artikulationsorgan, da sie an der Bildung von fast allen Vokalen und Konsonanten beteiligt ist. Schon eine geringe Veränderung ihrer natürlichen Lage hat große Auswirkungen auf den Gesang! So bewirken sowohl eine zurückgeschobene als auch eine im vorderen Teil aufgestellte und verspannte Zunge den „Knödelgesang“.
Wie bei allen Stimmbildungsübungen zielen auch diese zunächst darauf, ein Bewusstsein herzustellen:
Zunächst einmal mit der Zunge „wandern“ (mit der Zunge über die Zähne oder den Gaumen streichen, Zunge aufblähen, rollen, drehen, herausstrecken, schnalzen, flattern lassen („Zungen-R“), wackeln), um sie dann locker und entspannt in den Unterkiefer zu legen usw.
Der Gaumen
Auch dieser Teil des Arikulationsapparates soll genau erkundet werden:
Mit der Zunge den Unterschied zwischen hartem und weichem Gaumen ertasten, über das Singen oder Sprechen von „ng“ die Funktion des Gaumen erkennen, ein „Zäpfchen-R“ sprechen („Gurgeln“), „Näseln“ und dabei die Nase zuhalten usw.
Die Lippen
Die Bildung von Vokalen und Konsonanten geschieht maßgeblich durch die Beteiligung der Lippen.
Auch deren Funktion muss zunächst einmal bewusst gemacht werden:
Die Lippen „schwingen“ lassen (Pferdeschnauben), tonloses Flüstern (auf „harte“ Artikulation achten), mit „eingezogenen Lippen“ (Oma ohne Gebiss) sprechen, flüstern, singen, einen Bleistift zwischen Lippe und Nase festhalten (und versuchen zu sprechen oder zu singen), bewusst langsam und tonlos sprechen und genau auf die Lippenstellung (mit Spiegel oder in Partnerarbeit – wer erkennt die Wörter des anderen?) beobachten, „P-T-K“ so schnell wie möglich sprechen usw.
Der Unterkiefer
Den Unterkiefer locker fallen lassen, mit ihm wackeln („Geistergesicht“), Theatergebrummel spielen („wawawa“), erschrockenes Gesicht machen (der Unterkiefer fällt), alle Vokale in der „A-Stellung“ ausprobieren, in der „E-Stellung“ usw. Darauf achten, dass der Kopf gerade bleibt und der Kiefer locker fällt. Der Mund darf nicht zu weit aufgerissen werden und es dürfen keinerlei Verspannungen auftreten!
Der Kehlkopf
Die Hand an den Kehlkopf setzen und sprechen bzw. singen; beobachten, wann der Kehlkopf „vibriert“, „Gähnen“, auf „hm“ singen und fühlen, in Partnerarbeit vorsichtig beim Nachbarn fühlen usw.
Die Dinge, die für den ausgebildeten oder zumindest interessierten Sänger klar, selbstverständlich und einleuchtend sind, müssen erst einmal in den Horizont der Schüler geweckt werden. Solche „biologischen Musikstunden“ (wieder ein fächerübergreifender Aspekt!) wecken in sehr vielen Schülern das Interesse, noch mehr darüber zu erfahren.
Vokalformen
Beim „A“ hat die Mundhöhle ihre größte Ausdehnung; ist die Mundweite allerdings zu groß, besteht die Gefahr eines flachen, metallischen Klanges, der an „Plärren“ erinnert. Der Unterkiefer sollte so weit geöffnet werden, bis der Widerstand zum Weiteröffnen spürbar ist.
Beim „E“ sollte sich der Zungenrücken leicht gegen den harten Gaumen wölben und die Zähne sollten etwa daumenbreit geöffnet sein. (Vorsicht: wird der Mund zu breit gezogen, klingt der Vokal zu aufdringlich!) Hilfreich bei der Bildung des „E“ kann es sein, den Kiefer fallen zu lassen, die Zungenspitze zu entspannen und es anschließend von „U“ ausgehend zu formen.
Das „I“ sollte derart geformt werden, dass sich der Zungenrücken etwas stärker als beim „E“ gegen den harten Gaumen wölbt, so dass es sich – weil dem „I“ sehr ähnlich – eindeutiger abgrenzt.. Auch hier sollten die Zähne etwa daumenbreit geöffnet sein. Hilfreich bei der Bildung ist oft, den Kiefer locker fallen zu lassen, das „I“ in der Weite eines „a“ zu bilden und möglichst keine Kraft einzusetzen.
Das „O“ ist eine Art Zwischenstufe zwischen „U“ und A“; der Unterkiefer senkt sich hierbei etwas mehr als beim „U“, während die Lippen etwas weniger spitz sind. Hilfreich bei der Bildung des „O“ ist oft, es vom „U“ (u-o) oder vom „A“ (u-a) ausgehend zu formen.
Beim „U“ sollte die Lippenstellung in etwa so sein, als wenn eine Kirsche mit den Lippen gehalten werden sollte.
Die Umlaute
Das „Ä“ ist ein Vokal von breiter Resonanz. Die Mundöffnung ist etwas weiter als beim „E“. (Darauf achten, dass es nicht zu „schafig“ klingt …)
Beim „Ö“ ist die Lippenstellung dem „O“ sehr ähnlich, während die Zungenstellung der des „Es“ entspricht. (Es soll aber nicht zu arg an den „Seelefant“ aus „Urmel aus dem Eis“ erinnern …)
Das „Ü“ setzt sich aus der „U“-Stellung der Lippen und er „I“-Zungenhaltung zusammen.
Die Zwielaute
Hier wird beim Gesang „getrickst“, denn:
„ei/ai“ wird als „A“ mit darauf folgendem unbetonten „E“,
„au“ als „A“ mit darauf folgendem „O“ und
„eu/äu“ als „O“ mit folgendem „Ö“ gesungen.
Die Klinger
Beim „L“ soll die Zungenspitze mit geringem Abstand hinter der Innenseite der oberen Schneidezähne sitzen, während der vorderer Zungenbereich liegt locker am harten Gaumen liegt.
„M“ singt man mit der Zunge in Ruhestellung, die Lippen sind locker geschlossen und die Zähne einen kleinen Spalt weit geöffnet. Man sollte eine leichte Vibration auf den Lippen spüren.
Das „N“ wird gesungen, indem die Zungenspitze an der Innenseite der oberen Schneidezähne sitzt, während der vordere Zungenbereich locker am harten Gaumen liegt. Der Unterkiefer und Lippen sind leicht geöffnet. Die Vibration soll in der Zungenspitze und in der Nase spürbar sein!
Beim „ng“ liegt die Zunge im Ruhezustand, der hintere Zungebereich liegt locker am weichen Gaumen. Auch hier sollen die Vibrationen im Zungenrücken und am weichen Gaumen spürbar sein.
Beim „R“ sollte die Zungenspitze gegen den vorderen Teil des harten Gaumens flattern. Dies ist für viele Schüler sehr schwierig. Um dies zu üben, sollte man den Weg über leichter zugänglichen Nachbarlaute einschlagen, etwa über tdd-tdd-tdd-Rabe. Durch Übung und Beschleunigung kann das „R“ erreicht werden, was aber nicht zwingend im Musikunterricht Verwendung finden muss! Weiterhin ist ein „Schluss-R“ wie bei „Mutter“ kein „A“; man verbleibt vielmehr im Endvokal und löst geringfügig die Sprechspannung.
Reibelaute
Beim „F“ liegen die oberen Schneidezähne locker auf der Unterlippe auf und die Zunge bleibt in Ruhestellung.
Das „S“ singt man, indem die Zungenspitze in Ruhestellung ist. Am Wortanfang und zwischen zwei Vokalen soll es stimmhaft gesungen werden. Ein „scharfes S“ soll – wie auch das „Doppel-S“, das „Sch“ und „Ch“ bzw. die Endsilbe „ig“ stets stimmlos gesungen werden.
Stimmloses „S“, „scharfes S“ oder „Doppel-S“ werden gesungen, indem die Zungenspitze an de Innenseite der oberen Schneidezähne – ohne sie zu berühren – anliegt. Die Lippen sind hierbei leicht geöffnet.
Beim „Sch“ berührt die Zungenspitze nicht die Schneidezähne; vielmehr bildet der vordere Zungenbereich mit dem vorderen harten Gaumen eine Art Engstelle.
Das „V“ wird wie „F“ oder „W“ gebildet.
Beim „W“ liegen die oberen Schneidezähne locker auf der Unterlippe auf. Die Vibrationen sollen spürbar sein. Die Zunge ist entspannt und die Zungenspitze berührt die Innenseite der unteren Schneidezähne.
Explosivlaute
Sollen kurz aber prägnant gesungen werden. Übungen mit Explosivlauten sind gut für die Aktivierung des Zwerchfells geeignet. Wenn die Explosivlaute p, t, k am Schluss eines Wortes stehen folgt ein reflektorisches Einatmen.
Beim „B“ liegen die Lippen aufeinander; mit geringem Druck sollte der leicht-stimmhafter Laut gesprochen werden. (Ein richtig gesprochenes „B“ spürt man auf dem Handrücken)
Ein „D“ wird durch das Lösen der Zungenspitze von der Innenseite der oberen Schneidezähne gebildet. Hierbei muss der Unterkiefer nicht bewegt werden!
Das „G“ bildet man durch Verschluss der Mundhöhle durch den Gaumen und die Zähne.
Das „K“ wird wie das „G“ gebildet, aber etwas härter angesprochen.
Das „P“ ist stimmlos und wird mit etwas größerem Druck als das „B“ gesprochen. Auch dieser Buchstabe ist auf dem Handrücken kontrollierbar.
„Qu“ setzt sich aus nicht zu weichem „K“ und „W“ zusammen.
Das „T“ wird stimmlos und wie das „D“ gebildet.
„X“ wird wie die Endsilbe „chs“ aus „K“ und „S“ zusammengesetzt.
Ein „Z“ ist ein Mischlaut aus „T“ und „S“.