VintageKeys

VintageKeys – oder: Was man so alles verschweigen musste

bildschirmfoto-2016-10-16-um-17-35-30Mitte der 80er musste ich – wie viele Leidesgenossen – meine musikalischen Wurzeln verleugnen, denn wer konnte schon zugeben, dass er von der elektronischen Orgel kam? Dies galt es tunlichst zu umschreiben („Ich spiele Tasteninstrumente.“) und wir waren alle dankbar, als spätestens mit dem Einzug in den Quelle- oder Otto-Katalog der Begriff „Keyboards“ und somit auch der „Keyboarder“ eingedeutscht wurde und die Position in der Band (eine Zeitlang war man „Tastenmann“ oder gar „Tastendrücker“)  zumindest in Ansätzen cool klang (wenn der Schnurrbart abrasiert war) … Heutzutage darf, ja soll man es laut verkünden, weil die Orgel ja (endlich und völlig zurecht) wieder „en vogue“ ist und so tu ich das jetzt: Ja, ich komme von der Orgel!

Ich habe „O la paloma“ und den „Schneewalzer“ gespielt und hatte glücklicherweise einen Lehrer, der mir die Bluesform einbläute, bevor ich überhaupt wusste, dass es Quinten und so was gibt. Ich  lernte zu improvisieren, ohne zu wissen was das ist und habe mich jedes Mal gewundert, wenn sich mein Lehrer freute, wenn ich zwar nicht geübt aber dafür schön meine eigenen Melodien drauf los gespielt habe und dafür auch noch Lob bekam. Ich wusste zwar nicht was Akkorde sind, wusste aber, wie sie „gingen“ und wenn ich‘s vergaß, musste ich nur auf dem Griffbild nachschauen. Ich konnte keine Noten lesen, weil mein Lehrer mir nach jeder Stunde eine Kassette mit dem zu übenden Stück einspielte. Und Dank Walkman konnte ich das Stück dann spielen, ohne eine Taste berührt zu haben. Wobei ich schon viel musiziert hatte, weil ich irgendwie immer ein Spieler war – nur kein Über.

Mit der Pubertät kam dann der (berühmte) große Einbruch und von dort an fast nur noch autodidaktisches Arbeiten. Von Papas Restgeld (und einigen Verkäufen) wurde ein CASIO CZ-5000 angeschafft, womit der Weg in die Unterhaltungsbranche geebnet war.

Danach Keyboards in so genannten Top-40-Bands (ja, ich weiß, damals nannte man das noch Tanzmusik, aber das Prinzip war das gleiche: Radio hören, vermeintliche Hits rechtzeitig erkennen und nach Möglichkeit alles das, was in der „Hitparade“, bei „Bananas“, „Total normal“ oder „Formel 1“ lief, schon am nächsten Tag spielen können … Herrschaftszeiten, war die NEUE DEUTSCHE WELLE anstrengend – jede Probe 10 neue Chartstürmer … plus natürlich Grundrepertoire von „Tutti frutti“ über „Beatles“ rauf und „Stones“ runter nach „Hotel California“ bis zu „Hold the line“ oder „Jump“ – im schlimmsten Fall sogar zum „Final Countdown“ …)

Sehr viel Geld „in die Anlage“ gespielt – das war damals Usus. DX-7 von Yamaha gekauft. Auch das machte man damals so. Das Ding konnten vielleicht 20 Leute in der näheren Region programmieren, aber es war immer im Fernsehen zu sehen, musste man also haben, auch wenn die Soundausbeute eines durchschnittlichen Handys heutiger Zeit um ein Vielfaches ergiebiger ist.

Aufnahmeprüfung wurde – wie auch immer – bestanden. Musikalische Wurzeln mussten verschwiegen und um viele Erfahrungen im kirchenmusikalischen Sektor ergänzt (böse Zungen sagen sogar: „frisiert“) werden.

Ein Klavier und eine disziplinierte Einstellung zum Üben mussten her. Letzteres miss-, ersteres gelang … halbwegs.

Mein erstes (und bis 2006 einziges, um einem Flügel ergänztes) Klavier war: ein FENDER RHODES (natürlich Mark I), was auch keiner wissen durfte, weil man sich damit ja den Anschlag versaut. Dementsprechend klangen weder meine BACH- noch meine MOZART-Interpretationen stiladäquat sondern stets irgendwie ternär (Auf einem RHODES kann man nicht binär – dann geht es doch kaputt. Oder?) und in der Regel nach völlig versautem Anschlag. Immerhin gelang es mir, meinem Klavierlehrer den HANON zu vergrätzen.

Mein Vorschlag, in der Abschlussprüfung, bei der drei Stücke aus drei Epochen gespielt werden mussten, einen Titel von Jerry Lee Lewis, einen von Billy Preston und einen von Elton John zu spielen, wurde (wenn das nicht drei Epochen sind, was dann?) abgelehnt. So habe ich dann die Stücke der ehrenwerten Herren BACH und MOZART gehackt, durfte aber zumindest einen Jazz-Standard spielen …

Lehr- und Wanderjahre ins Musikkabarett, ins Soloprogramm (mit Schlagern der 20er bis 40er Jahre), in die Filmmusik (Werbemusiken, Musik für Kinderfilme; u.a. Zaungeklacker) und in die Arbeit mit Musicals. Dann (fast schon ein wenig zu lang) als passiver Musiker (eher mal so Manager-Roadie-Coach) unterwegs und alles mal die Kinder machen lassen …

Dann irgendwann doch (endlich wieder) wieder zurück zu den Instrumenten – dem FENDER RHODES und der (HAMMOND-)ORGEL, denen ich treu bleibe und sie auch mal gerne mit einem (Analog-)Synthesizer (und bei guten 80er-Titeln weiterhin durch ein KEYTAR, mit Widmung an Thomas Anders …) ergänze …

Wer Rhodes und/oder Orgel spielt, braucht drei Dinge: ein großes Auto, einen gesunden Rücken und jede Menge Freunde, denn das E-Piano wiegt ca. 50, die Orgel gute 100 kg. Da beide Geräte stilgetreu verstärkt werden müssen, kommen noch mal über 100 kg für einen Gitarrenverstärker (für das Rhodes) und einen Leslie-Verstärker (für die Orgel) hinzu.

Faktoren wie a) Bandscheibenprobleme (ich soll beim Heben/Tragen am besten nur noch zuschauen, maximal Anweisungen geben …), b) ein mittelgroßes Auto („Ein Bus? Du spinnst ja völlig! Nein!“, zit. nach der Ehefrau) und c) einem Freundeskreis, der vom Faktor a) weiß, erschweren die Tatsache, mit den alten Instrumenten unterwegs zu sein bzw. machen dies eher mal unmöglich.

Doch glücklicherweise gibt es ja heutzutage (habe ich schon gesagt, dass ich schon ein bisschen ein Nerd bin, der zwar analogen Sound will, den aber gerne mit iPhone oder iPad nach bastelt?) diese ganzen Sachen dermaßen toll digital nachgearbeitet, dass man den gleichen Sound für unter 20 kg haben kann.

Und somit spiele ich in derzeit statt des Fender Rhodes ein KORG SV-1, statt der Orgel eine VISCOUNT LEGEND. Und wenn‘s die Band erlaubt, dann auch mal ein ROLAND AX-SYNTH (für die Ich-Rock-Mich-Nass-Nummern) und gerne noch ein HOHNER ROCKORDEON (mittlerweile eine echte Rarität). Aber dann hätten wir schon wieder viel zu schleppen …

Stilistisch liege ich im Herzen ganz dicht bei Billy Preston, einem Schuss Herbie Hancock und einer Prise Dr. Lonnie Smith bzw. Joey DeFrancesco. Im Herzen. In den Fingern schaut’s ein wenig anders aus – aber: man braucht Ziele und Ideale (und Zeit zum Üben …).

Ukulele? Echt jetzt?

bildschirmfoto-2016-10-16-um-17-35-12Ja. Ukulele. Grundsätzlich ist’s bei mir ja wie bei den meisten Musiklehrern: Man spielt fast alles, aber nichts so richtig richtig … Aber die Ukulele hat’s mir angetan. Sie kam auch zu mir (und ich nicht zu ihr) und es entwickelte sich eine Freundschaft, aus der Leidenschaft erwuchs. Wie’s dann bei Musikers so oft der Fall ist, blieb es nicht bei der einen. Man fängt an und vergleicht Hölzer, überhaupt Materialien (die einfachen Hölzer, die edleren, Experimente mit KunststoffUkulelen – man will ja im Wasser spielen können – aber auch der Metallkorpus („Dobro? Geht’s männlicher?“) will ausprobiert werden), die verschiedenen Typen (jetzt mal im Ernst: Sopran klingt völlig anders als Konzert, Tenor, Bariton oder Bass!) und dann gibt’s ja noch die ganz tollen Instrumente mit Tonabnehmern …

So bin ich jetzt seit über 2010 in dieser Mission unterwegs: Für die Schule mehr als prädestiniert handelt es sich hierbei um ein Instrument, das schon alleine nach dem Auspacken gute Laune verbreitet. Und das wusste schon George Harrison

Nur der Vollständigkeit halber: Ich bin großer Fan der Instrumente von Baton Rouge. Instrumente, die ich besten Gewissens empfehlen kann.