Playback/Karaoke

Playback/Karaoke
Die Form des Playback/Karaoke-Gesangs im Musikunterricht setzt sich immer weiter durch. Angeregt durch die CD-Beigaben von Fachzeitschriften, auf welchen in der Regel zu jedem Lied ein sog. Halbplayback (nur die instrumentale Begleitung ohne Gesang) aufgenommen wurde, gewinnt diese Form des Liedersingens immer mehr Bedeutung.

Der Gesang zum Halbplayback wirkt auf Schüler in der Regel stärker anziehend als dies eine virtuelle Klavierbegleitung tut. Dies bedeutet keinesfalls, dass hierauf verzichtet werden soll! Vielmehr gibt es Songs, bei denen es sinnvoller ist, die komplette Band im Hintergrund mitspielen zu lassen.

Diese Form des Singens muss und soll nicht bewertet werden. Sie soll vielmehr als Alternative zum a-capella-Singen, zur Instrumentalbegleitung durch Lehrer oder Schüler oder zum Komplettklassenmusiziersatz verstanden werden.

Eine weitere – sich immer stärker verbreitende – Alternative hierzu ist der Karaoke-Gesang. Diese Form unterscheidet sich zum obigen insofern, als Karaoke als eine Einheit zwischen Ton- und Textspur verstanden werden muss. Ein Singen zum Halbplayback ist nicht Karaoke!

Karaoke ist eine anfangs vor allem in Asien sehr beliebte Freizeitbeschäftigung, die in unseren Gefilden zunehmend mehr Freunde findet und sich auf die Erfindung des Japaners Daisuke Inoue zurückführen lässt, welcher in den frühen siebziger Jahren zunächst in kleinen Bars in Köbe spezielle Geräte hierfür vermietete. Der Begriff setzt sich aus den Worten „Kara“ (Kurzform für „karappo“ = leer) und „Oke“ (Kurzform für „okesutura“ = Orchester) zusammen.
Im Grunde genommen ist Karaoke das, was man noch aus den Tagen von Dieter Thomas Heck kennt: Eine Sängerin ,ein Sänger oder eine Gruppe singen „live“ zu einem „Halbplayback“, also zu der Originalaufnahme (anfangs Bänder, später CDs bzw. DVDs), auf welcher die Gesangsspur weggelassen wurde. Der Unterschied zur „Hitparade“ liegt darin, dass dem Sänger auf einem Monitor (in der Regel ein Fernsehgerät) der Liedtext angezeigt wird. Diese Anzeige erfolgt dynamisch animiert, d.h. die gerade zu singenden Silben bzw. Worte werden dem Rhythmus entsprechend farbig unterlegt wodurch eine gewisse Orientierung auch bei Titeln, die nur ein wenig bekannt sind, möglich ist, denn nicht immer steht das imitatorische, tongenaue Singen im Vordergrund sondern oft auch schlicht die Art der Darbietung. So ist es nicht selten, dass gerade die „schrägen Vögel“, die zwar nicht immer einwandfrei intonieren aber dafür mit Inbrunst und sichtbarer Begeisterung singen, zu den Helden des Karaoke-Abends werden.
Dementsprechend ließe sich Karaoke vielleicht am einfachsten mit dem „reinen Fußball-drauf-los-Spiel“ im Sportunterricht vergleichen. Natürlich kommt es auch hier (wie beim Karaokesingen auch) auf das Einsetzen gewisser Techniken und das Einhalten bestimmter Regeln an – im Vordergrund steht aber das Spiel und die Freude an der Bewegung (bzw. am Gesang) – bisweilen gepaart mit der Freude am Sieg bzw. deren Schwester, dem olympischen Gedanken. Die Tatsache, dass der Sportlehrer dann und wann das Spiel unterbricht, um Regeln oder Techniken unmittelbar und an Ort und Stelle zu erläutern, sollte der Musiklehrer im Hinterkopf behalten: in der gleichen Art und Weise kann und kann er beim Karaoke-Singen agieren und Hilfen in Intonation, Artikulation oder beim Timing geben.

Was noch in den 90er Jahren noch mit sehr großem technischen Aufwand verbunden war – so gab es mehrere unterschiedliche Karaoke-Formate wie Compact-Graphic-Discs (CD-G), Laser-Discs (LD) oder Video-CDs (VCD) und dementsprechend auch verschiedene Abspielgeräte, die aufgrund kleiner Stückzahlen, hoher Produktionskosten und anfallender Lizenzgebühren noch immer sehr teuer sind und gegen Gebühr von Veranstaltern ausgeliehen werden können – lässt sich mittlerweile mit einfachsten Mitteln umsetzen.

Im Internet finden sich zahlreiche (oft auch äußerst dubiose) Programme, mit welchen sich Halbplaybacks selbst herstellen lassen. Diese funktionieren meist nach zwei Grundprinzipien: Bei Programmen wie „MyVoice“ oder „MAGIX music maker“ wird die Original-Aufnahme geschickt mit Effekten versehen, so dass die Gesangsspur nahezu ausgeblendet zu sein scheint. Viele solcher Programme ermöglichen anschließend das Einfügen der Songtexte, die dann am Computermonitor dargestellt werden. Der Einsatz solcher Programme gestaltet sich allerdings meist äußerst zeitintensiv: Jeder Titel muss einzeln konvertiert bzw. bearbeitet, Texte müssen recherchiert und anschließend eingesetzt werden und letzten Endes erfolgt die Darstellung auf einem Computermonitor. Darüber hinaus muss eine Gesangsanlage mit Verstärker, Boxen und Mikrofonen aufgebaut, verkabelt und angeschlossen werden, so dass der gute Anfangsgedanke in sehr hoher Zeitinvestition ausartet.

Programme wie „KaraFun“ oder „vanBasco’s Karaoke Player“ (um nur zwei zu nennen) spielen so genannte „Karaoke-Files“ ab. Dies sind General MIDI Files, welche neben den Musikdateien, die nahezu jedes Musikprogramm abgespielt, noch zusätzlich auf die Melodie synchronisierte Textinformationen erhalten. Diese können von speziellen Entertainer-Keyboards oder Karaokeprogrammen am Computer mehr oder weniger schön dargestellt werden. Wenngleich sich nahezu fast alle MIDI-Files im Internet finden lassen: Es ist illegal, diese zu benutzen. Auch wenn die Dateimenge nur sehr klein ist und mit einem Klick auffindbar, ladbar und benutzbar wird, so ist sie dennoch ein Produkt, welches von bestimmten Firmen hergestellt und vertrieben wird. Von daher muss jedes File, welches im Musikunterricht verwendet wird, auch bei Herstellern wie beispielsweise HAGE Musikverlaggekauft werden und kosten durchschnittlich vier bis acht Euro pro Song. Solche erworbenen MIDI-Files sind mittlerweile stets mit dem Karaoke-Text versehen – dies ist seit einigen Jahren Standard. In der Schule dienen auch hierbei Computer und Gesangsanlage als Hilfsmittel zum Karaokesingen.

Denkt man gerade über die Neuanschaffung eines Keyboards nach, lohnt es sich einen Blick auf das CASIO LK-300TV zu werfen. Zum einen ist ein vollwertiges Entertainer-Keyboard mit 514 wirklich guten Sounds, über 100 Styles und dem äußerst interessanten Drei-Stufen-Leuchttasten-Lernsystem, zum anderen ist der Karaoke-Spaß hier ab Werk integriert:

Das Keyboard lässt sich mittels Video-Kabel mit dem Fernseher verbinden, auf welchem der Text dargestellt wird. Ein gewisses „Karaoke-Gefühl“ wird durch die Tatsache erzeugt, dass die Texte nicht einfach projiziert sondern mit Hintergrundbildern (beim „echten“ Karaoke-Singen ist das meist das Musikvideo) versehen werden. Auch hier erscheint der Text farbig unterlegt und somit dynamisch-animiert, so dass sich die Sänger orientieren können.

Ein kleines Mikrofon wird mitgeliefert und ist für „Karaoke im Kleinen“ ausreichend – es werden die keyboardeigenen Boxen benutzt. Über den USB-Port lässt sich das Gerät an den Computer anschließen, so dass die bereits erwähnten MIDI-Files direkt ins Gerät geladen werden können. Alternativ dazu sind SD-Cards einsetzbar. Integriert sind 50 amerikanische Karaoke-Folksongs von „When the Saints“ über „Jingle Bells“ bis zu „My Bonnie“ oder „House of the rising sun“, welche zum Ausprobieren zunächst völlig ausreichen, denn: Karaoke wirkt an sich. Hier steht stets der anfangs erwähnte „sportliche Gedanke“ im Vordergrund und es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Schüler sich plötzlich trauen, alleine zu singen bzw. sich sogar darum reißen …

Karaoke-Files gibt es zu nahezu jedem Song und bei neuen Titeln in der Regel zeitgleich mit einer höheren Platzierung in den Charts. So lässt sich der Karaoke-Spaß dann abschließend im Musikunterricht einsetzen, um etwa

– eine Liederarbeitung zu bereichern, abzuschließen bzw. auch einmal, um ein neues Lied einzuführen
– Intonation und Artikulation von Solisten oder kleinen Solochören gezielt zu üben bzw. zu kontrollieren
– weitere Strophen zu erarbeiten
– kleine Wettbewerbe durchzuführen
– Klassenhitparaden zu gestalten
– Aufnahmen (Sänger mit Band) zu erstellen (gerade um die Weihnachtszeit, zu Ostern oder vor dem Muttertag immer wieder beliebt)
– die Arrangements mit weiteren Instrumenten im Sinne des offenen Klassenmusizierens ergänzend zu instrumentieren bzw. mitzuspielen oder
– einfach nur zu singen und natürlich letzten Endes
– bei einer schulischen Veranstaltung zu spielen – vor allem dann, wenn auch Lehrer und/oder Eltern mitmachen

Eine interessante Spielvariante ist hierbei das Jury-Spiel. Hierbei erhält eine „Experten-Jury“ (oder auch die ganze Klasse) einen Beobachtungsbogen, mithilfe dessen Punkte für den Vortrag gegeben werden. Im Grunde würde hierfür eine drei-Punkte-Skala (gut, mittel, nicht gut) genügen, um aber die Tendenz zur Mitte bei der Evaluation zu vermeiden, wurde ein vier-Sterne-System erstellt. Die Jury vergibt die Punkte (in diesem Fall Sterne) und am Ende wird ein „Superstar“ gewählt. Hierbei kommt nicht selten eine Atmosphäre wie bei „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Popstars“ auf, die allerdings vom Lehrer ein wenig gesteuert werden sollte, denn Verletzungen oder Kränkungen dürfen hier in keinem Fall ausgesprochen werden. Deshalb ist es oft sinnvoll, die Jury „stumm“ arbeiten zu lassen.

Einen besonderen Reiz stellt hier eine Spielvariante dar, die dem Vorspielen bei Profi-Orchestermusikern entspricht: die Jury sitzt mit dem Rücken zum Interpreten und weiß nicht, wer singt. Hierdurch wird Sympathie oder Antipathie entgegengewirkt und dem Interpreten die Angst genommen.

Der Reiz einer Karaoke-Einheit ist nicht mit dem Einsatz des Halbplaybacks von Musikbüchern zu vergleichen – das Medium ist ein völlig anderes: Das Singen der Lieder zu den CDs zu Unterrichtswerken ist der Standard im Musikunterricht – Karaoke allerdings entstammt einer gewissen exotischen Welt, erinnert an Asien, hängt in gewisser Weise mit der Welt der jungen Erwachsenen zusammen und impliziert jenen Spiel-und-Spaß-Charakter, wie man ihn sonst nur im Sportunterricht findet. Und dennoch wird der Musikunterricht nicht zum Aktionismus da stets der Gesang und die Freude am musikalischen Ausdruck mit der Stimme im Vordergrund stehen – geschieht dies zielgerichtet in Verbindung mit gewissen „Regeln“ (saubere Intonation, gute Artikulation, gutes Timing, Timbre etc.) kann man hierdurch rein spielerisch sehr hohe Ziele des Singens in der Schule erreichen.

Eines ist diese Form des Singens allerdings und gerade hierfür sollte sie geschätzt werden: unbewusste Leseförderung – und dies auf sehr hoher Ebene, denn das flüssige „vom-Blatt-Lesen“ ist quasi die Eintrittskarte für jedes Karaoke-Singen. Gerade im Hauptschulbereich sieht man sicher immer wieder dem Problem gegenüber, dass das Lesen als solches als nahezu abgelehnt wird – meist aus mangelhafter Leseleistung (nachvollziehbar) resultierend. Beim Karaoke-Singen hingegen gehört es schon fast zur Grundspieltechnik, dass im Liedtext geholpert wird, dass man Probleme mit schnellen Passagen hat und dass manche Textphrasen ausgelassen werden (müssen), da das Lied einfach zu schnell weiter geht. Hier bietet es sich an, anfangs wenige Songs mehrfach singen zu lassen, so dass sich der Text einschleift – also eine Leseförderung „von hinten durch die Brust ins Auge …“, welche sich mit Sicherheit auch gut in den Englischunterricht integrieren lässt.