Graphische Notation
Graphische Notation
Musik wurde und wird traditionell über Notenschrift weitergegeben. Diese Tatsache allein bedeutet allerdings nicht, dass nur alleine Notenkenntnis zum Musizieren befugt. Gerade im Rock-, Pop- und Jazzbereich gibt es sehr viele äußerst gute Musiker, welche von sich behaupten, keine Noten lesen zu können.
Darüber hinaus kann das Geheimnis „groove“ weder über theoretische Abhandlungen noch über entsprechende Notation aufgeschrieben, gelehrt oder gelernt werden …
Oft wird der Lerndrang der Schüler durch einen vorangegangenen Notenlehrgang gänzlich gelähmt.
Für viele Schüler ist es – zunächst einmal – viel leichter, Rhythmen oder Melodien über Gehör und Stimme zu lernen. Im Bereich der populären Musik erfährt man immer wieder, dass Schüler schon über ein großes Repertoire an Musik verfügen; sie kennen Lieder, können oft Instrumentalpassagen singen oder Rhythmen vokal oder klopfend und klatschend mit- und nachspielen.
Von daher wird oft die Frage aufgeworfen, inwieweit musikalische Kompetenz auch Notenkenntnis involviert. Mit Sicherheit gehört zu einer komplexen musikalischen Grundbildung die Fähigkeit, Musik lesen zu können, und Musik wird in unserer Kultur über das Notenbild aufgeschrieben.
Dennoch ist diese Kenntnis nicht gleichzeitig die „Eintrittskarte“. Weder in der musikalischen Schulbildung noch in der Musikschulbildung. Dass diese Kenntnis allerdings trotzdem ihren Stellenwert hat, dass ihre Kenntnis für weiteres Arbeiten mit Musik äußerst sinnvoll ist und dass sie weiterhin einen (!) Stellenwert in der Schule hat wird nicht in Frage gestellt.
Die graphische Notation hat vor allem ihren Stellenwert im Primarbereich, wobei sie durchaus auch im Sekundarbereich (und natürlich auch an Hochschulen …) eingesetzt wird.
Bei der graphischen Notation gibt es keine Zeichensysteme; das Ziel, das Komponisten mit ihrer Verwendung zu erreichen versuchen, ist, zur Improvisation anzuregen und musikalische Assoziationen hervorzurufen. Die Art der Aktion soll weniger oder zumindest nicht ausschließlich durch vereinbarte Zeichen oder verbale Anweisungen, als vielmehr durch bildästhetische Qualitäten animiert werden.
Ein Beispiel für graphische Notation, das heißt eine Zeichnung, die unmittelbar zu musikalischer Umsetzung auffordert, ist Mäandros von Anestis Logothesis. Die Leserichtung sowie ein Zeitraster sind vorgegeben
(Abb. aus: Dibelius, Ulrich: Moderne Musik I. 1945 – 1965. München: Piper, 1966, S. 329)
Ein Beispiel für ein eher konventionell notiertes Stück mit einem Anteil an visuellen Konfigurationen ist Guernica von Walter Steffens. Zur musikalischen Umsetzung der graphischen Anteile gibt der Komponist verbale Anweisungen
(Abb. aus: Walter Steffens Guernica, Elegie für Bratscher und Orchester. Frankfurt/M.: Edition Wilhelm Hansen, 1972, S. 2)
Graphische Notation in der Schule beschränkt sich auf das Fixieren von Klangereignissen. Dies können Punkte, Striche, Clusterformen oder geometrische Formen sein. Im Idealfall halten Schüler ihr Klangereignis nach eigener graphischer Vorstellung fest bzw. gibt genaue Anweisungen, wie das Notierte zu spielen ist.
Der höhere Wert dieser Notationsform liegt im kreativen Schaffen begründet: Der Ausführende wird somit zum „Mitkomponist“.
Rhythmen können vom Lehrer wie auch von den Schülern in einer so genannten Matrixnotation aufgeschrieben werden.
Diese Form der Notation findet sich vor allem beim Aufschreiben traditionell-afrikanischer Djembé-Rhythmen und wird vornehmlich zur Boomwhacker-Notation eingesetzt:
Jedes Kreuz symbolisiert hierbei eine Achtelnote, die leeren Kästchen eine Achtelpause. Hiervon ausgehend werden Rhythmen erarbeitet, wobei die Trommelkonvention gilt: Viertel- oder längere Noten werden nicht gespielt/notiert – lediglich der Puls.
Solch eine Notation kann später als Überleitung zu notierten Achtelrhythmen benutzt werden.