Die „gesunde“ Inszenierung
Die „gesunde Inszenierung“
Im Lehrervortrag, in der Gesprächsführung, beim Disziplinieren oder Loben sollten Lehrer ein großes Repertoire an Mimiken, Gestiken und Inszenierungstechniken einfließen lassen.
„Zwischen der Verbal- und der Körpersprache herrschen komplexe Wechselwirkungen. Die Körpersprache wird insbesondere zur Regelung der Beziehungsstrukturen und zur Prozesssteuerung des Unterrichts eingesetzt, während die Verbalsprache primär der inhaltlichen Gestaltung des Unterrichtsprozesses dient, aber auch selbstverständlich auch prozessbezogene und auf die Beziehungsstruktur gerichtete Botschaften enthalten kann.“ (Hilbert Meyer, Unterrichtsmethoden II, S. 386)
Begeisterung muss sich sehen lassen können!
Die gerunzelte Augenbraue kann Impuls genug dafür sein, dass es gerade zu laut ist; Schüler, die einen „Gedankenhänger“ haben, können mit aufmunternden Blicken und Gesten ermutigt werden, weiterzumachen; nonverbale Impulse funktionieren nur über Mimik und Gestik – diese Technik gilt es bis ins Detail auszufeilen. Sie leistet mehr als tausend Worte und schont die Stimme …
Eine kleine Selbstanalyse der Körpersprache (einfach sich selbst im Unterricht beobachten) führt zur besseren Kontrolle bzw. zum wohlüberlegten und bestimmten Einsetzen.
Das fängt mit dem „mit verschränkten Armen vor der Klasse stehen“ an (meist wenn man sich leicht in die Ecke gedrängt fühlt, weil die erwartete Antwort einfach nicht kommt) und hört mit weit geöffneten Armen und glückseligem Lächeln gen Himmel (weil die Antwort dann doch noch kam) noch lange nicht auf. Dort wo Unterricht handlungsorientiert und selbstgesteuert angestrebt wird, bedarf es auch eines gewissen Motors, der – vielleicht auch subtil manipulierend – Denkprozesse „in Gang“ setzen kann, der „bewegt“.
Gleiches gilt für die „gesunde Inszenierung“. Im Theater soll immer wieder bewegt werden; man kennt das Phänomen der Hörenden in Bezug auf die Okulomotorik (Bewegung der Augen). Durch Stimulation derselben wird Konzentration gefördert. Künstler kennen dies: Man bewegt sich auf der Bühne, geht vor, zurück, zur Seite usw. Diese Technik sollte auch im Unterricht Verwendung finden!
Ein Lehrer, welcher 45 Minuten vor der Tafel steht wirkt in gewisser Weise unmotivierend. Bewegt man sich allerdings durch den Raum, und wechselt „sichtbar“ den „Standpunkt“, fällt es den Schüler leichter, zu „folgen“ (eben durch die Okulomotorik).
Die Überlegung, von welcher Stelle aus man was sagt ist genauso von Bedeutung wie die Frage, an welche Stelle man was auf die Tafel zur Erstellung eines Tafelbildes schreibt.
Von daher kann der Klassensaal als Spielfläche betrachtet werden, auf welcher man versuchen soll, sein Publikum zu begeistern. Doch Vorsicht: Dies ist ein schwarzes Schaf der Pädagogik … „Wir sind Lehrer und keine Entertainer …“ Deshalb ist es vielleicht sinnvoller, das Ganze als eine Art „gesunde Inszenierung“ zu betrachten, bei der nicht primär das „Entertainment“ perfektioniert sondern vielmehr die Fähigkeit, andere zu begeistern ausgebaut werden soll.
In der Softwareindustrie hat sich der Begriff des „Edutainment“ herauskristallisiert; ein Neologismus aus „Education“ (Bildung) und „Entertainment“ (Unterhaltung). Vielleicht liegt hier die Wahrheit (in Verbindung mit Paracelsus` Hinweis auf die Tatsache, dass alles Gift sei, nur auf die Dosis käme es an) vieler erfolgreicher Lehrer, Dozenten und Referenten begründet:
Im angemessenen Zusammenspiel von Lehren und einem Gespür für ein gesundes Maß an Unterhaltung.
Wegweisend ist hier stets die „persönliche Handschrift“. Ein Zuhörer bzw. –schauer merkt sofort, wenn die Inszenierung nicht „organisch“ ist. Es ist natürlich, dass man anfangs versucht, einen gesehen Stil zu kopieren, dass man sich orientiert. Allerdings sollte das Finden des eigenen Weges, des persönlichen, vielleicht auch in gewisser Weise unnachahmlichen Stiles stets Priorität haben.
Bei den Indianern heißt es:
„Wenn du stets versuchst, in die Fußstapfen eines anderen zu treten, wirst du keine Spuren hinterlassen …“