Vorsingen

Vorsingen
… Pädagoge, Stimmbildner, Chorleiter, Begleiter, Mitsänger, Unterstützer, Kritiker, Hintergrundwissender, Psychologe, Motivationsimpulsgeber, Moderator,
kurz „Liedfachmann“ …

Hierfür bieten sich folgende Techniken an, in deren Ausführung sich gewisse Strategien bewährt haben:

Chorprobe
Die Liederarbeitung über Vor- und Nachsingen (bösartige Zungen bezeichnen sie auch als „Papageienmethode“) ist gekennzeichnet durch Schülerimitation des Lehrergesangs.

Hierbei ist immer wieder beobachtbar, dass die Qualität des Lehrervortrages maßgeblich verantwortlich für die Qualität des Schülergesanges ist. Ein lustlos vorgenuscheltes Lied kann keine Klasse zum Singen motivieren. Allerdings ist auch hier wieder die Dosis zu beachten: perfekt vorgetragener Kunstgesang kann auch sehr aufgesetzt und somit eher für Unruhe sorgen.

Die klassische Methode ist die, welche der Chorprobe am ähnlichsten ist. Hierfür können die Schüler in zwei Halbkreisen vor dem Klavier sitzen, von wo aus der Lehrer agiert: er spielt und singt vor, führt die Melodie mit dem Klavier und begleitet. Gerade bei männlichen Kollegen muss die Melodieführung verstärkt Beobachtung finden, da Schüler in der Regel dazu neigen, den Lehrergesang „1:1“ zu imitieren und damit oft in Bariton-Lage „mitbrummen“.

Liedtexte können ausgeteilt werden (mit dem Nachteil, dass gewisse Schüler nun was zum Rascheln, Falten, Zerknittern – kurz: zum Spielen – in der Hand haben) oder projiziert werden (mit dem Nachteil, dass dann der Liedtext „an der Wand steht“). Wurde ein Lieder- oder Musikbuch angeschafft, sollte dies auch unbedingt benutzt werden; man ist es den Eltern, die hierfür viel Geld gezahlt haben, schuldig! Weiterhin können – unter Berücksichtigung des fächerübergreifenden Aspektes zu Deutsch – Liedtexte an- und abgeschrieben werden (mit dem Nachteil, dass hierfür „kostbare Zeit“ geopfert werden muss).

Generell sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

– Platz für Stimmbildungsübungen (entweder ritualisiert oder vom Werk ausgehend bzw. auf das Werk zielend) einräumen!

– auf angemessene Tonhöhe achten! (Schülern bis zum 6. Schuljahr sollte man mehr als nur ein „h“ zumuten)

– gute Liederarbeitung lebt von Textkenntnis! (Von daher sollte jeder Liederarbeitung das rhythmische Sprechen des Textes vorausgehen. Singt eine Klasse „schlecht“ lässt sich dies oft (nicht immer) auf Textprobleme zurückführen)

– schwierige Intervalle gegebenenfalls separat üben! (stets eine Chance für Stimmbildungsübungen am Lied)

– bei der abschnittsweisen Erarbeitung auf die Übergänge achten

– einen dosierten Wechsel zwischen „führendem bzw. unterstützendem Lehrergesang“ und dem „singen lassen“ beachten!

– Melismen gegebenenfalls separieren! (gerade hier wird sehr gerne „geschlampt“, da die meisten Schüler auf das nächste Wort hinarbeiten und der Textsilbe, die mit mehreren Tönen unterlegt ist, in der Regel wenig Beobachtung schenken)

– Liedbegleitung wirkt in der Erarbeitungsphase oft unterstützend; trotzdem sollte auch der a-capella-Gesang angestrebt und von daher regelmäßig (nicht öfter als nötig und nicht seltener als möglich) geübt werden!

– Stimmgabel wieder entdecken (und entdecken lasen)! (Ich habe dies bei der Anwärterin Manuela Spieß beobachtet, die im Sitzkreis die Stimmgabel anschlug und ihren Nachbarschülern ans Ohr hielt. Die Schüler summten sofort den Ton mit. Hieraus lässt sich eine „stehende Übung“ machen – entweder vom „a“ ausgehend oder auf das benötigte Intervall zielend. Dieser leise, schwingende Ton wirkt auf Kinder automotivierend; eine Chance, die man ergreifen sollte!

Vorsingen „groovy“
Bei sehr vielen Liedern hat sich die „groovige Erarbeitung“ bewährt. Hierzu stehen die Schüler zusammen mit dem Lehrer im Kreis und „halten den Groove“, indem sie auf „1“ und „3“ stampfen (links und rechts im Wechsel) und auf „2“ und „4“ schnipsen (beidhändig). Nun spricht der Lehrer den Text ein- bis zweitaktig vor (gegebenenfalls noch den Schlusstakt „ausgrooven“ lassen) und die Schüler wiederholen. Dem schließt sich der nächste Takt (bzw. die nächsten zwei Takte) an; anschließend wird das bis hierhin Geübte wiederholt usw.

Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Schüler „in Bewegung“ bleiben, den Rhythmus halten und weitestgehend ganzheitlich angesprochen werden. Ein Nachteil liegt in der Tatsache begründet, dass diese Methode sich in erster Linie für Lieder mit „überschaubarem Text“ eignet. Um dem entgegenzuwirken, kann man – bei textlastigen Liedern – zwei Plakate (oder Projektionen) anfertigen, so dass diese „halbkreisweise“ gelesen werden können.

Nun kann – je nach Art des Liedes – der Groove verlangsamt oder (bei schwierigen Intervallen oder Melodieverläufen) ganz abgebrochen werden; es folgt das abschnittsweise Vor- (am einfachsten in der gleichen Art wie die textliche Erarbeitung geschah) und Nachsingen.

Um diese Form beibehalten zu können, empfiehlt es sich, später mit Hilfe einer Originalaufnahme oder eines Halbplaybacks zu singen. Die muss kein aufwendig programmiertes midi-file sein; die Heimaufnahme mit dem Kassettenrecorder kann durchaus ausreichend sein. (Dem allerdings entgegengehalten werden muss: Ein professionelles Playback steigert die Motivation – und somit auch die gesangliche Qualität – in der Regel um einiges!)

Diese Methode hat sich vor allem für das Singen von Kanons bewährt. Hier kann der Lehrer mitten im Kreis agieren, kann gegebenenfalls unterstützen, Einsätze geben, und somit sich direkt jeder Gruppe zuwenden und hier mitsingen, ohne abbrechen zu müssen.